Von Florian Bayer
In Schattenbibliotheken können wissenschaftliche Arbeiten, Fachbücher, diverse Artikel oder E-Books, die sonst bezahlt werden müssten, kostenlos heruntergeladen werden. Sie können, wie klassische Bibliotheken, öffentlich eingesehen werden, wobei sich „Schatten“ darauf bezieht, dass es illegal ist diese zu nutzen. Die illegalen Schattenbibliotheken streben dabei nicht den finanziellen Ruin der Wissenschaftler*innen an. Aber was ist dann das Ziel und die Rechtfertigung?
Zunächst einmal ist zu erwähnen, dass dieser Beitrag keine Anleitung sein soll, um Zugang zu Schattenbibliotheken zu erhalten[1]. Vielmehr geht es darum, das Konstrukt dahinter zu beleuchten.
‚Bildung für alle!‘
Die erste Art der hier verhandelten Schattenbibliotheken sind aufgrund ihrer Urheberrechtsverletzungen illegal, obwohl sie ein ehrenwertes Ziel verfolgen (wenn sie sich nicht gerade selbst bereichern durch Premiumzugänge). Den meisten Betreiber*innen von sogenannten Schattenbibliotheken geht es primär darum, dass das Wissen, welches sie als kulturelles Erbe ansehen, allen Menschen kostenlos zur Verfügung stehen sollte. Das erscheint grundsätzlich als ein erstrebenswertes Ziel, wenn man sich vor Augen führt, dass selbst Studierende, die schon über diverse Möglichkeiten[2] verfügen, um an digitale Texte zu kommen, nur begrenzte Möglichkeiten haben, um Texte für Hausarbeiten nutzen zu können. Dabei begrenzt sich der Zugriff auf den jeweiligen Umfang der Lizenzen einer Universität. Sofern Bildung im Kontext globaler Chancengleichheit verstanden wird, steht die Frage im Raum, wie der Zugang zu wissenschaftlichen Texten erst in Ländern aussieht, deren Bildungssysteme sich derartige Lizenzen nicht leisten können oder wollen.
Für die Pressefreiheit
Eine andere Form der Schattenbibliothek wurde von der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ ins Leben gerufen. Die Organisation hat sich auf die Verteidigung der Pressefreiheit spezialisiert. Mit dem Ziel, staatlicher Medienzensur und Desinformationskampagnen entgegenzuwirken, wurde das Projekt „The Uncensored Library“[3] ins Leben gerufen.
The Uncensored Library ist eine digitale Bibliothek, die innerhalb des Computerspiels Minecraft erbaut wurde. Die Bibliothek wurde dabei in verschiedene Bereiche bzw. Länder unterteilt, in denen kritische Texte verboten wurden, aber Minecraft als digitales Spiel noch erlaubt ist. Dort befinden sich dann für verschiedene Länder Texte von Journalist*innen, die in ihren Ländern geblockt, zensiert oder ins Exil vertrieben wurden.
(Bildquelle: https://www.uncensoredlibrary.com/de)
Zusätzlich wird die Bibliothek regelmäßig um ganze Bereiche und natürlich auch Texte erweitert, um in den jeweiligen Ländern Meinungen und Aussagen zu verbreiten, die den unterdrückenden der jeweiligen Regierung widersprechen, damit sich Menschen eine eigene Meinung bilden können.
Fazit
Schattenbibliotheken erscheinen also in verschiedenen Formen auf unserer Bildfläche. Die Hintergründe, die zur Entstehung beigetragen haben, sind verschiedene. Während die „Uncensored Library“ sich keiner Kritik stellen muss, so hat es die Schattenbibliothek unter dem Aspekt „Bildung für Alle!“ nicht so leicht. Kritisch sind dort besonders die Urheberrechtsverletzungen.[4] Ich nutze keine Schattenbibliotheken, da ich von einem Hochschulzugang profitiere und so meine Bücher in z.B. Flensburg und Kiel ausleihen oder sie im Internet legal herunterladen kann. Aber in diesem Zusammenhang sollte vielmehr hinterfragt werden, warum wissenschaftliche Publikationen in den Händen von Verlagen so profitabel verkauft werden, wenn die Wissenschaftler*innen davon nur einen Bruchteil erhalten. Die Folge daraus ist, dass Leuten, die keine Wege und Mittel haben, um auf die Publikationen zuzugreifen, der Zugang zur Bildung verwehrt wird.
[1] Davon gibt es sowieso schon mehr als genug. Simples Googeln und man erhält eine Vielzahl an Anleitungen.
[2] Universitätszugänge, VPN, Bibliotheksausweise etc.
[3] Der Link zur Projektseite der Bibliothek mit ausführlichen Informationen, Texten und einem Rundgang. URL: https://www.uncensoredlibrary.com/de (letzter Zugriff: 08.04.2023).
[4] Eric W. Steinhauer beschreibt hier verständlich die Problematik bezüglich der Urheberrechtsverletzung, seitens der Schattenbibliotheken und geht einleitend auf die Zeitschriftenkrise ein. URL: https://libreas.eu/ausgabe30/steinhauer (letzter Zugriff: 08.04.2023).