Über Open Source-Software


von Victoria Claußen

In unserer heutigen Alltagskultur oder auch im Arbeitsalltag gehen wir ständig mit mobilen und vernetzten Endgeräten, insbesondere mit Smartphone und Computer, um. Diese Geräte sind komplexe Systeme, die sich grob in Hardware und Software unterscheiden lassen. Wir wollen uns im Folgenden zunächst einmal die Unterscheidung zwischen Hardware und Software näher ansehen: Als Hardware bezeichnet man die materiellen Komponenten eines Geräts. Am Beispiel eines Computers sind dies z.B. der Computer-Chip, die Festplatte, das Motherboard. Mit Software sind System- und Anwendungssoftware bzw. Programme zur Durchführung von Aufgaben gemeint. Näher unterscheidet man dabei zwischen Systemsoftware (Betriebssystem) und Anwendungssoftware (Applikationen). Die Systemsoftware steuert und verwaltet die Grundfunktionen des Computers, seine Daten und sein Betriebssystem, während die Anwendungssoftware (Applikationen) bspw. Bildbearbeitungsprogramme oder E-Mail-Programme, in jeweils angepassten Versionen für verschiedene Betriebssysteme zur Verfügung stehen. Hardware und Software sind voneinander abhängig.

Die Abhängigkeit von Soft- und Hardware hat im Laufe der IT-Entwicklungsgeschichte zu vielfältigen neuen Geschäftsmodellen und Kooperationen zwischen Firmen geführt. Auch wenn wir es heute zumeist als selbstverständlich sehen, für Software ebenso wie für Hardware zu zahlen, so war dies tatsächlich nicht immer so: In den Anfängen der praktischen Informatik in den 1950ern war der offen lesbare, allen zugängliche Quellcode einer Software selbstverständlich. Dieser wurde mit der Hardware zusammen geliefert und konnte von ihren Nutzern (meist Labore, Institute, Hochschulen und Firmen) selbstständig angepasst werden. Erst später entwickelte sich der Markt für die sogenannte proprietäre Software. Hierbei handelt es sich um Software in Verbindung mit Lizenzen, die für ihre Nutzung verkauft werden. Der Quellcode kann bei proprietärer Software nicht eingesehen werden. Nur die Entwicklerfirmen können sie zu bearbeiten, entwickeln und verbreiten.

Als Gegensatz dazu entwickelte sich die Open Source-Technologie. Der Begriff „Open-Source“ lässt sich mit „freie Software“ übersetzen und steht für frei verfügbare Software(-Infrastruktur), die beliebig von ihren Nutzern nicht nur genutzt, sondern auch weiter-verbreitet und bearbeitet werden kann. Dabei ist der Quellcode offen einsehbar und ermöglicht mittels aktiver, kollaborativer Beteiligung der Anwender deren Weiterentwicklung. Für dieses Paradigma steht die sogenannte Freie-Software-Bewegung, die im Jahr 1983 durch den Amerikaner Richard Matthew Stallmann gegründet wurde. Zusammen mit seinen Kollegen entwickelte er die General Public License (GPL), eine Open-Source-Lizenz, auf deren Grundlage jede*r den Quellcode einsehen, benutzen, entwickeln und weiterverbreiten kann, entwickelte.

Stallman argumentiert, dass es ihm nicht darum geht, dass die Software kostenlos ist, sondern um die Freiheit der NutzerInnen der Software. Er meint, dass erst mit einem offen lesbaren Quellcode, NutzerInnen die Programme, mit denen sie es zu tun haben, wirklich studieren, verstehen und in ihrem eigenen Sinne (weiter-)entwickeln können („real possibility to study and change it“, ca. 2:40min, TEDxGeneva 2014: free software, free society). Auch geht es laut Stallman dabei um individuelle und kollektive Kontrolle unserer Technologie und damit verbunden auch um unsere (politische und soziale) Freiheit. Stallman definiert vier Freiheiten, die allen Nutzenden zustehen sollen: (1) Die Software beliebig auszuführen, (2) die Software und ihren Quellcode zu untersuchen, (3) Kopien der Software an Andere weiterzugeben und die Software zu modifizieren und (4) Modifikationen weiterzugeben.

Beispiele für Open Source-Technologien finden sich in Betriebssystemen (z.B. Linux Kernel, Android), browserbasierter Software (Mozilla Firefox) oder Web-Content Management Systemen (z.B. Typo3). Linux wurde vielfältig verifiziert und findet sich in Produkten wie Navigationssystemen wider.

Die kollaborative Entwicklung von Open Source-Technologie, die eine aktive Beteiligung der Anwender ermöglicht und auch herausfordert, bedeutet dass die Nutzer zum einen die Funktionsweisen der Software nachvollziehen können und zum anderen ihre Weiter- Entwicklung steuern können, daran partizipieren können, wobei stets Wissen mit anderen geteilt wird, um Innovation ermöglichen zu können. Wenn es um die Entwicklung von digitaler Infrastruktur geht, ist es notwendig, sich mit Open Source zu befassen, denn die digitale Entwicklung betrifft uns alle und sollte daher auch von allen verstanden und partizipativ und frei entwickelt werden können. Digitalisierung ist ein Projekt, das die Menschen global in ihrer Zusammenarbeit betrifft. Open-Source-Technologien verkörpern freiheitliche, demokratische Grundwerte.

Quellen:

Sebastian Deterding, „Into the Great Wide Open Open Source, jenseits von Software“, 2007, Bundeszentrale für politische Bildung, online abrufbar: https://www.bpb.de/themen/digitalisierung/opensource/63921/into-the-great-wide-open/, zuletzt aufgerufen: 12.08.2022

Dr. Matthias Stürmer, Vorlesung „Open Data, Geistiges Eigentum und die Open-Bewegung“

2020, Universität Bern, online abrufbar: https://www.digitale-nachhaltigkeit.unibe.ch/unibe/portal/fak_naturwis/a_dept_math/c_iinfamath/abt_digital/content/e90958/e490158/e900462/e900495/rightcol952125/OpenDataVorlesung2020_Termin05_GeistigesEigentum_ger.pdf, zuletzt aufgerufen: 12.08.2022.

Vortrag von Richard Stallmann „Free software, free society“, 2014, online abrufbar: https://www.youtube.com/watch?v=Ag1AKIl_2GM, zuletzt aufgerufen 12.08.22.

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